Quo Vadis
Amateurfunk?
Nun bin ich seit 2014
Funkamateur der Klasse E und seit 2017 der Klasse A, es war schon
immer mein Wunsch, seit ich mit dem HF Virus als Kind infiziert
wurde. Radio, Elektronikbasteln und CB Funk haben mein Leben geprägt
wie nichts anderes. Dadurch war mein technischer Weg irgendwo
vorbestimmt, es lag ganz einfach an der damaligen Zeit und den
Möglichkeiten, die mir diese Zeit boten.
1978 hatte ich die ersten
Berührungspunkte mit Digitaltechnik (7400, LED usw.) in Form von ganz einfachen
logischen Schaltungen (NAND, NOR, AND, OR, XOR usw.). Der tiefere Sinn
erschloss sich mir damals noch nicht unbedingt. Es war ganz interessant
solche Schaltungen zu bauen und Wahrheitstabellen zu füllen, viel
mehr aber auch nicht. Es fehlte ganz einfach an brauchbaren
Anwendungsmöglichkeiten, zumindest in der Anfangszeit.
Erst
so gegen 1985 waren die ersten Homecomputer erschwinglich, diese
Entwicklung läutete langsam aber sicher die Ablösung
althergebrachter Techniken und Interessengebieten ein. Dieser völlig
normale Vorgang setzte sich mit der massenhaften Verwendung von
Mobiltelefonen fort. Heute dem Handy alleinig die Schuld in die Schuhe
schieben zu wollen, warum im Amateurfunkdienst die Teilnehmer
schwinden, ist nicht ganz objektiv und der Versuch der
verantwortlichen Akteure die Fehler der
Vergangenheit zu rechtfertigen.
Technischer Fortschritt und Entwicklung ist ein ganz normaler
Vorgang. Er wird nie enden und mit der Entdeckung neuer Technologien
und Möglichkeiten werden althergebrachte Techniken und
Vorgehensweisen auch wieder verschwinden. Und so ist es aus meiner
Sicht völlig normal, dass sich im Amateurfunkdienst eine Entwicklung
abzeichnet, die vermutlich auch nicht mehr aufgehalten werden kann.
Wir werden weniger Teilnehmer!
Was kann man nun tun, um
dieser Entwicklung zumindest etwas entgegenzuwirken und unser Hobby
auch für jüngere Teilnehmer wieder interessanter zu machen. Dazu ist
der Personenkreis zu betrachten, der zum Objekt der Begierde als
neuer Funkamateur oder neue Funkamateurin wird.
Da der Amateurfunk ein technisch-wissenschaftlicher Funkdienst ist,
ist diese Eigenschaft für potenzielle Teilnehmer sicher ein Muss.
Kein Interesse an Technik, vermutlich auch kein Interesse am
Amateurfunkdienst, egal welches Alter. Geld spielt auch ganz sicher
eine große Rolle, "ohne Moos nix los". Amateurfunk ist teuer, machen wir
uns nichts vor. Amateurfunk als Ersatz für das Handy? Keine Chance,
diesen Vergleich sollten wir nicht führen, dass geht ganz sicher
schief und ist völlig kontraproduktiv. Morsen ist schneller als
Messenger oder SMS,
ja vielleicht! Deshalb findet aber niemand den Weg zum
Amateurfunkdienst. Kostenpflichtige technisch-rechtliche Prüfung für ein Hobby, für viele mögliche
Teilnehmer zusätzlich eine hohe Hürde. All diese Parameter haben den
Teilnehmerschwund im Amateurfunkdienst sicher noch befördert, das
kann man einfacher und kostengünstiger haben.
Und so bleibt eine
überschaubare Menge an wirklich interessierten
Personen, die zumindest einige der Kriterien erfüllen müssen um
Interesse am Hobby zu entwickeln und irgendwann Funkamateur oder
Funkamateurin zu werden, so wie ich selbst.
Um den Amateurfunkdienst
für eine möglichst breite Personengruppe interessant zu machen, kann
man allerdings auch Entwicklungen verfolgen, die dem "klassischen"
Amateurfunkdienst bei näherer Betrachtung eher einen Bärendienst erweisen. Integration des Handys
(Echolink),
Integration von Computertechnik (FT4/8, digitale Betriebsarten,
digital Voice, DMR, C4FM, SDR),
Datenübertragung (HAM
Net), Informationsübermittlung (E-Mail, Meta), Kommunikation
(BBB, Twitter, Telegram, Signal, WhatsApp, Matrix) QSL Vermittlung
(eQSL, qrz.com, LOTW) usw. Auch Funkamateure haben entdeckt, dass es
für zahlreiche kommunikative Aufgaben einfachere Mittel und Wege
gibt als den klassischen Funk via Äther. Amateurfunk hat sich sehr
verändert und das wird er auch weiterhin noch tun!
Es sind aber genau
auch diese Trends die dafür sorgen, dass das Interesse am klassischen Amateurfunkdienst
(Funktechnik) insgesamt nachlässt und andere Interessen vermehrt in
den Vordergrund rücken. Da können auch Rundsprüche,
Konteste, Diplome und der immer wieder heraufbeschworene
Notfall nicht viel
dran ändern.
Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, sowohl
klassische mit moderner Technik für alle Beteiligten funktional zu
verknüpfen und die uns zugewiesenen Frequenzbereiche dabei auch zu
nutzen. Packet Radio z.B. Leider ist das irgendwann völlig
eingeschlafen und wurde nicht weiterentwickelt und ist mehr oder
weniger von der Bildfläche verschwunden. Lediglich im Bereich von APRS ist noch ein
wenig Aktivität. Dabei wäre das so
einfach!
Auch
Winlink verbindet
zwei Welten unter Nutzung der uns zur Verfügung gestellten
Möglichkeiten. Im HAMNET war ich selbst noch nie unterwegs, da mir
ein Zugang dazu fehlt. Ich vermute, dass sich das HAMNET auch
überwiegend über kabelgebundene Infrastrukturen darstellt und
klassische Funktechnik nur noch eine sekundäre Rolle spielt. Ich
kann mich aber auch irren.
Durch all diese technischen Möglichkeiten sorgen wir auch selbst
dafür, dass klassische Teilgebiete des Amateurfunkdienstes
verschwinden und immer mehr durch andere Techniken ersetzt werden.
Um unser Hobby an sich zu erhalten, ist sicher eine wohldosierte
Vermischung aller zur Verfügung stehenden Techniken erforderlich.
Mittlerweile kann man am Amateurfunkdienst auch völlig ohne
klassisches Funkgerät teilnehmen, eine merkwürdige aber logische Entwicklung. Für kabelgebundene Kommunikation braucht es
aber keine
Frequenzspektren mehr!
Es ist ganz sicher die heute
fehlende Begeisterung der Jugendlichen für Techniken, die ich als
Jugendlicher in den siebziger Jahren noch erfahren habe und die mich
geprägt hat. Diese Begeisterung lässt sich heute für eine
vermeintlich überholte Technik der Vergangenheit einfach nicht mehr
erzeugen, obwohl Funktechnik nach wie vor hochaktuell ist, aber
nicht mehr so direkt wahrgenommen wird, wie vor 40 Jahren. Heutige Jugendliche sind von
anderen Dingen fasziniert, die viele Funkamateure überwiegend als
Bedrohung empfinden.
73 de Jürgen
DL6WAB